Weibliche Vorbilder: Frauen leben gesünder und deshalb länger als Männer

Autoren: M. Luy und P. Di Giulio

Frauen haben in fast allen Gesellschaften eine höhere Lebenserwartung als Männer. Auch wenn in den meisten Industrieländern die Differenzen in der Sterblichkeit zwischen den beiden Geschlechtern seit einigen Jahren zurückgehen, leben beispielsweise deutsche Frauen gegenwärtig durchschnittlich fast sechs Jahre länger als deutsche Männer. Eine neue Studie zeigt nun, dass in Deutschland Unterschiede im Lebensstil von Männern und Frauen offenbar einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung der männlichen Übersterblichkeit leisten.

Anhand einer Vielzahl einzelner Informationen über Gesundheits- und Verhaltensweisen ermitteln die Wissenschaftler der Universität Rostock und des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung für ihre Untersuchung vier große Lebensstilgruppen: Interventionisten, die auf ihre Gesundheit achten, weder rauchen noch Alkohol konsumieren, sich gesund ernähren, normalgewichtig sind und einem weitgehend stressfreien Beruf nachgehen; Nihilisten, die sich vor allem durch ein geringes Gesundheitsbewusstsein, Übergewichtigkeit und sportliche Inaktivität auszeichnen; Aktive Bon Vivants, die zwar stärker auf ihre Gesundheit achten als Nihilisten, dennoch zu einer genussfreudigen Lebensweise neigen, also rauchen, Alkohol konsumieren und eher übergewichtig sind; und schließlich Frühere Workaholics, eine sehr kleine Gruppe, die seit längerem nicht mehr in ihrem stressvollen Beruf tätig ist und keinen Alkohol konsumiert. Darüber hinaus konzentrieren die Forscher ihre Studie auf die Altersgruppe der 60- bis 80-Jährigen, da in diesem Alter die größten Unterschiede in der Sterblichkeit zwischen den Geschlechtern zu finden sind.

Die neu gebildeten Lebensstilkategorien haben einen sehr deutlichen Einfluss auf die Sterblichkeit der untersuchten Personengruppe. Im Vergleich zu den gesundheitsbewussten Interventionisten weisen die Anhänger der drei anderen Lebensstile ein um mehr als das Doppelte erhöhte Sterberisiko auf: es liegt bei den Aktiven Bon Vivants um 105 Prozent, bei den Früheren Workaholics um 119 Prozent und bei den Nihilisten um 183 Prozent höher. Bezüglich der Unterschiede in der Lebenserwartung zwischen den Geschlechtern ist dabei relevant, dass Frauen und Männer anteilsmäßig sehr ungleich in den vier Lebensstilgruppen vertreten sind. Während 70 Prozent der Männer zur Gruppe der Aktiven Bon Vivants zählen, sind es bei den Frauen nur 20 Prozent. Dagegen sind fast 60 Prozent der Frauen gesundheitsorientierte Interventionisten; Männer gehören nur zu etwas mehr als 10 Prozent zu dieser Gruppe. Männer entscheiden sich also häufiger für einen ungesunden Lebensstil als Frauen, und müssen folglich Einbußen bei der Lebenserwartung hinnehmen.

Hinzu kommt, dass die Sterblichkeitsunterschiede zwischen Männern und Frauen in der Gruppe der Nihilisten sehr groß sind, wohingegen das Sterberisiko von gesundheitsbewussten Männern nur geringfügig über jenem gesundheitsbewusster Frauen liegt. So sind die Lebensstilgruppen, in denen Männer mit den höchsten Anteilen vertreten sind (Nihilisten und Aktive Bon Vivants), auch jene, in denen die männliche Übersterblichkeit am stärksten ausgeprägt ist.

Weitere Informationen

Luy, M. und P. Di Giulio: Der Einfluss von Verhaltensweisen und Lebensstilen auf die Mortalitätsdifferenzen der Geschlechter. In: Lebensstile, Lebensphasen, Lebensqualität: interdisziplinäre Analysen von Gesundheit und Sterblichkeit aus dem Lebenserwartungssurvey des BiB, K. Gärtner, E. Grünheid und M. Luy (Hrsg.). VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005, S. 365-392.

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