Betriebsvereinbarung über Tabakrauch und Nichtraucherschutz

Vorbemerkung

Mit den schon genannten neuen gesetzlichen Regelungen, insbesondere dem Arbeitsschutzgesetz, dem Arbeitssicherheitsgesetz und den einschlägigen Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften wurde ein weiter Rahmen für Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung im Betrieb geschaffen. Ein Schwerpunkt hierbei sind Maßnahmen, die Gesundheitsgefährdungen und -belastungen frühzeitig erkennen helfen sollen, damit hieraus die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden können. Dieser vorbeugende (präventive) Ansatz zwingt dazu, nicht mehr nur zu reagieren, sondern gemeinsam tätig zu werden. Die Betriebsparteien stehen hier in der Pflicht. Gesundheitsbeeinträchtigungen, Arbeitsunfälle bzw. Berufskrankheiten stellen nicht zuletzt für die Unternehmen wirtschaftliche Belastungen dar, die in vielen Fällen bei geeigneten Vorkehrungsmaßnahmen vermieden oder deutlich reduziert werden könnten. Daneben gibt es sensible Bereiche wie etwa das Rauchen oder Alkohol- bzw. Suchtmittelgenuss am Arbeitsplatz, die nicht mit der »großen Keule« von Verboten und Strafmaßnahmen in den Griff zu bekommen sind. Gesundheitsschutz und -förderung unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziff. 76 BetrVG. Darüber hinaus sind auf diesem Feld freiwillige Betriebsvereinbarungen im Sinne »zusätzlicher Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen« nach § 88 BetrVG ausdrücklich möglich und wichtig.

Der Text

Diese Vereinbarung bezweckt das Wohlbefinden aller Beschäftigten und dient damit betrieblichen Zwecken. Sie betrifft nicht die Haupt- und Nebenpflichten aus den Arbeitsverhältnissen, sondern normale Verhaltensweisen und Reaktionen von Menschen in Gesellschaft.

Die Vereinbarung soll eventuell auftretenden Spannungen und Konflikten zwischen Tabakrauchern und Nichtrauchern vorbeugen. Belästigungen sollen vermieden und Streit soll durch wechselseitiges Verstehen und tolerante sowie tolerable Maßnahmen beigelegt werden.

Die folgenden Empfehlungen und Regelungen haben die Aufgabe, Raucher und Nichtraucher zu wechselseitiger Rücksichtnahme zu bewegen, Belästigungen und Gefährdungen durch Tabakrauch abzubauen und Verständnis für die Bedürfnisse anderer zu vertiefen. Förderung und Anreiz zu gegenseitigem Verständnis haben Vorrang vor strikten Ge- und Verboten.

Sowohl Nichtraucher als auch Raucher besitzen Grundrechte, die ihre Position weitgehend schützen. Dem Recht auf körperliche Unversehrtheit steht die Handlungs- und Genussfreiheit gegenüber. Beide Rechte müssen sich im Alltag Einschränkungen gefallen lassen. Ein klares Überwiegen der Rechte einer Seite ist nicht festzustellen. Hieraus folgt die Notwendigkeit eines Miteinander statt eines Gegeneinander - auch am Arbeitsplatz und im Betrieb.

Die folgenden Grundsätze sind Ausdruck der Überzeugung, daß allein differenzierte Regeln der Selbstbestimmung der Beteiligten einschließlich ihres Vorrechts auf eigene Konfliktlösungen gerecht werden können.

1. Durch oder aufgrund von Gesetz, Verordnung, Unfallverhütungsvorschrift oder behördliche Anordnung bestehen derzeit folgende Rauchverbote:

a) Folgende Produktionsstätten:...............(alle aufzählen)
b) >Alle Personenaufzüge, -fahrstühle, Paternoster
c) Werksärztliche Behandlungsräume
d) Gekennzeichnete Abteilungen bzw. Zonen in Pausen- und Ruheräumen
e) Liegeräume und Stillräume
f) Betriebliche Tankstellen, Treibstofflager und ähnliche Anlagen
g) ...............(möglichst genaue Aufzählung und Bezeichnung)

2. Für Arbeitsplätze und Räume, die nicht unter § 3.1 erwähnt worden sind (unter Umständen kann hier eine konkrete oder kategoriale Aufzählung erfolgen, wie z. B.: Büros, Empfangsräume, Rechenzentrum, Lager) gilt folgendes:

a) Einvernehmliche Lösungen der beteiligten ArbeitnehmerInnen haben Vorrang vor allen anderen Regelungen. Vorgesetzte, (Gesamt-) Betriebsräte und Vertrauensleute haben die Aufgabe, in Erfüllung ihrer Fürsorgepflichten bzw. ihres gesetzlichen Vertretungsauftrags allen Beschäftigten bzw. den Organisierten gegenüber beim Auffinden geeigneter Kompromisse jede erdenkliche Hilfe anzubieten. Dazu sind möglicherweise vom Arbeitgeber eingesetzte Berater (wie z. B. in Großbetrieben Psychologen) einzubeziehen.

Als Beispiele werden folgende Lösungsmöglichkeiten aufgeführt:

  • Bessere Be- und Entlüftung; Einhaltung regelmäßiger Lüftungspausen,
  • freiwillige Selbstbeschränkung der Raucher,
  • Vereinbarung von Rauch- und Nichtrauchzeiten,
  • allgemeine Raucherpausen, gegebenenfalls für alle.

b) Sollte auch auf diese Weise keine Einigung erzielt werden, kann von jedem Beteiligten eine spezielle, nur auf Anfrage zusammentretende Arbeitsgruppe um Entscheidung gebeten werden. Der Gruppe gehören die Beteiligten (bei größeren Gruppen je eine/r), ein (Gesamt-) Betriebsratsmitglied und ein Vorgesetzter an. Nach eingehender Erörterung schlägt die Arbeitsgruppe eine verbindliche Regelung vor, welche die Belange beider Seiten ausreichend wahrt und als Sondervereinbarung zwischen (Gesamt-)Betriebsrat und Arbeitgeber beschlossen wird. In jeder Lage haben einverständliche Lösungen der Beteiligten Vorrang. Eventuell mit dem Lösungsvorschlag verbundene Kosten trägt bis zur Unzumutbarkeitsgrenze der Arbeitgeber.

c) Lassen sich die Arbeitsplätze und -bereiche technisch sowie ohne Einbuße an Arbeitsqualität, -klima und -effizienz voneinander trennen, so sollten Raucher und Nichtraucherarbeitsplätze voneinander getrennt werden. Das Einverständnis der Beteiligten ist Voraussetzung.

3. In Konferenz-, Sitzungs- und Besprechungsräumen, Lehr- und Unterrichtsräumen wird im Bedarfsfall unter den Teilnehmenden eine rasche Einigung über das Rauchen erzielt. Im Zweifelsfall übt die Leitungsperson ihren Einfluss dahingehend aus, dass bei einem weitestmöglichen Ausgleich der Interessen eine Regelung festgesetzt wird. Diese gilt wenigstens für die laufende Veranstaltung. Sollten Konflikte für künftige Sitzungen abzusehen sein, kann die Arbeitsgruppe im Sinne von § 3 Ziff. 2b) für verbindliche und dauerhaftere Lösungen angerufen werden.

4. Im Esssaal, in der Kantine, im Casino, in der Cafeteria (etc.) werden Nichtraucherzonen klar ausgewiesen. Dennoch auftretende Probleme werden nach erfolglosen Einigungsversuchen bei genereller Bedeutung der Arbeitsgruppe im Sinne von § 3 Ziff. 2b) vorgelegt.

5. An Arbeitsplätzen mit starkem Publikumsverkehr (wie: Verkaufsräume, Schalterhallen, Büros mit regelmäßigem Besucherstrom, Kraftfahrzeuge mit wechselnden Insassen u. ä.) herrscht für die Betriebsangehörigen ein Rauchverbot, es sei denn, die Anwesenden haben ausdrücklich keine Einwendungen gegen Tabakrauch.

6. Nach Übereinkunft der Betriebsparteien werden alle Räume und Zonen, in denen ein Rauchverbot herrscht, durch auffällige Hinweisschilder gekennzeichnet. Nach Möglichkeit enthalten die Hinweise auch die jeweilige Rechtsquelle des Verbots.

Für die verantwortliche Mitwirkung an gefundenen Konsenslösungen mit bleibender Wirkung (mindestens 1 Jahr oder 6 Monate o. ä.) kann die Arbeitsgruppe (im Sinne von § 3 2b) Prämien für die Konfliktbeteiligten vorschlagen. Verfahren und Prämienhöhe könnten sich nach dem betrieblichen Vorschlagswesen richten.

In Ermangelung eines vereinbarten Vorschlagswesens wären hier genauere Angaben erforderlich; z. B. bei insgesamt zwei bis vier Konflikt-Beteiligten je Person bis zu EUR 500,00, bei mehreren oder größeren Einheiten bis zu EUR 1000,00 je konstruktivem Beitrag; in Ausnahmefällen auch höhere Beträge.

Um den Anreizcharakter dieser Prämien zu erhöhen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Vorschlag der Arbeitsgruppe ernsthaft zu prüfen und - falls er die Zahlung ablehnt - die Nichtzahlung der Prämie(n) eingehend zu begründen.

Diese Betriebsvereinbarung tritt mit ihrer Unterzeichnung in Kraft. Sie kann mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden. Sie wirkt nach bis zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung über denselben Gegenstand.

Datum, Unterschriften

 

Quelle:

Entnommen aus »Arbeitsrecht im Betrieb«, Schriftenreihe, Heilmann »Rauchen am Arbeitsplatz«

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