Geschlechtergerechte Prävention

  • Franz Jäger (Arbeitsinspektorat Krems): „Alles ist schwierig – bevor es leicht wird. Beispiele geschlechtergerechter Präventionskampagnen“
  • Dr. Eleftheria Lehmann (LIGA Düsseldorf): „Geschlechtersensible Berichterstattung für die Arbeitswelt – Konzept und praktische Anwendung“

Moderation: Dr. Bernhard Brückner (Hessisches Sozialministerium), Gerd Scheuplein (BARMER GEK)

Der Faktor ‚Arbeit‘ unterliegt Bedingungen, die Männer und Frauen – auch in Abhängigkeit von ihrer Stellung auf dem Arbeitsmarkt – in unterschiedlicher Weise und Intensität betreffen. Die Arbeitsbedingungen und der praktische Arbeitsschutz können mit einer der Absicht nach „geschlechtsneutralen“ Perspektive nicht hinreichend erfasst und gestaltet werden. Die Unterschiede sind nicht allein durch die geschlechterspezifische Segregation des Arbeitsmarktes zu erklären, also dadurch, dass Frauen und Männer in der Arbeitswelt in unterschiedlichen Branchen, Berufen, Tätigkeiten und betrieblichen Hierarchien beschäftigt sind. Weitere Erklärungsfaktoren müssen mit geschlechtersensiblen Fragestellungen geprüft werden; Diesen Fragen weiter nachzugehen, ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass die tatsächlichen Gefährdungen für alle Gruppen von Beschäftigten angemessen untersucht und bewertet werden. Auf dieser verbesserten Grundlage sind die Rahmenbedingungen, Konzepte und Maßnahmen des Arbeitsschutzes und der betrieblichen Gesundheitsförderung so weiterzuentwickeln und umzusetzen,

  • dass sie für alle Beschäftigtengruppen wirksamer, weil passgenau und ganzheitlich gestaltet werden,
  • dass ein Mehrwert an Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit entsteht und
  • dass Frauen und Männer gleiche Chancen auf gesunde und sichere Arbeitsbedingungen haben.

Für die Prävention sind die Hinweise auf geschlechterspezifische Krankheitsrisiken im Zusammenhang mit dem von Frauen und Männern besetzten Berufe-Spektrum relevant. Zusätzlich gibt es Hinweise auf die Bedeutung geschlechterspezifisch geprägter Verhaltensweisen gegenüber eigenen Gesundheitsbeschwerden und Erkrankungssymptomen. Eine angemessene Beurteilung der Ursachen arbeitsbedingter Erkrankungen und Fehlzeiten muss sämtliche Faktoren einbeziehen, vor allem stärker als bisher auch die geschlechterspezifischen Faktoren. Nur so können angemessene, begründete Schwerpunkte der Prävention gesetzt werden, die keines der beiden Geschlechter benachteiligen und die zielgruppengerecht mit größerer Wirkung umgesetzt werden können.

Ein wirksamer Arbeitsschutz muss hierauf reagieren. Anzuwendender Maßstab ist der Erhalt und die Förderung von Gesundheit und Beschäftigungsfähigkeit der Menschen. Dabei steht nicht allein deren physische Gesundheit im Vordergrund, sondern ebenso ihr physisches und psychisches Wohlbefinden. Maßnahmen müssen mehr denn je die Arbeit, die Arbeitsorganisation und die Arbeitsbedingungen menschengerecht gestalten, d.h. in der Lage sein, den jeweils spezifischen Belastungen und Beanspruchungen von Männern und Frauen Rechnung zu tragen. Mit einer erweiterten „neuen“ Aufmerksamkeit können bislang ungenutzte Potenziale für passgenauen, wirksameren Arbeitsschutz aktiviert werden - in der betrieblichen und der fachlich übergreifenden Praxis, bei der Umsetzung politischer Programme zur Weiterentwicklung des Arbeitsschutzes und der betrieblichen Gesundheitsförderung, und nicht zuletzt bei der Weiterentwicklung und Optimierung der rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen.

Den Auftrag des Arbeitsschutzgesetzes ernsthaft umzusetzen bedeutet, mit erster Priorität die Arbeit, die Arbeitsorganisation und die Arbeitsbedingungen menschengerecht zu gestalten: Gefährdungsbeurteilung, Prävention, Gesundheitsförderung, Förderung der individuellen Handlungsfähigkeit, Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit sind die relevanten Themen.

Die Beiträge des Forums präsentierten praktische Beispiele und Handlungsmöglichkeiten für eine Gestaltung der Arbeit, die die Vielfältigkeit der Menschen in Unternehmen wahrnimmt und in betriebliche Handlungskonzepte integriert.

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